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Mijo Mijušković. Die Anmut des Rauhen
Text. Dr. Phil. Lily Fürstenow-Khositashvili
Die Menschheit stellt schon seit Tausenden von Jahren Skulpturen her, aber die Magie der Skulptur fasziniert uns immer noch. Es ist diese ursprüngliche Kraft, die vorklassische Tradition und der Gegensatz zum akademischen Stil, der die Arbeit des Bildhauers Mijo Mijušković kennzeichnet. Seine halb abstrakten Skulpturen sind prähistorischen Vorbildern nachempfunden, die aus Holz geschnitzt und oft mit Stein verschmolzen sind. Es handelt sich um mittelgroße, runde, glatte und polierte Objekte, die die ewigen Motive des Mutter-Kind-Ensembles, Fruchtbarkeitsfiguren und biomorphe Formen darstellen. Seine Skulpturen entstehen aus der organischen Form des Materials selbst – meist verschiedene Holzarten, die an historischen Orten wie alten Klöstern oder Naturreservaten im mittelauropäischen Cernogorje gefunden wurden. Die ausgestellten Figuren sind aus Steinbrocken geformt, die von der Zeit geglättet wurden und mit Holz auf eine Weise verschmolzen sind, wie es nur in der Natur vorkommen kann. Wahrscheinlich handelt es sich um jahrhundertealte Baumstümpfe oder Wurzeln in einer seltsamen Symbiose, die von der menschlichen Dasein geprägt ist, von den Stätten die die tiefen unterschwelligen Erfahrungen der Generationen, die sie bevölkerten, in sich tragen.
Die düstere Energie, die den Materialien innewohnt, verleiht diesen dreidimensionalen Objekten, die von allen Seiten und aus allen Winkeln betrachtet werden müssen, eine besondere Aura. Die Figuren sind oft durchbrochen und legen den hohlen Kern frei, der das Ganze wieder zu einem Ganzen machen würde.
Die langgestreckten Figuren befinden sich in einem eleganten Gleichgewicht mit den sie umgebenden Welten. Sie suggerieren einen einzigartigen psychologischen Zustand der Menschheit, die in einer emotionalen Beziehung zum Betrachter steht. Die malerische Verschmelzung der jahrhundertealten gefundenen Steine mit Holzfragmenten, die die Granitblöcke fast einrahmen oder aus den erodierten Felsen herauswachsen, ist eine einzigartige Symbiose, die nur in der Wildnis zu finden ist und durch menschliches Eingreifen zum endgültigen Glanz gebracht wird. Mujics künstlerische Praxis zeichnet sich durch Beharrlichkeit und die zeitaufwändige, sich wiederholende Prozedur des Polierens von Holz mit Wachs aus, bis es den gewünschten Glanz erhält. Seine Eingriffe sind minimal und zielen meist darauf ab, die verborgenen Qualitäten der Holz- oder Steinstruktur hervorzuheben – z. B. ihre poröse Beschaffenheit, Risse, Fasern und Silhouetten. Riesige Flusssteine werden oft wie Edelsteine geformt und ihre verborgenen Farben und Adern bis zum magischen Glanz poliert.
Ganz im Geiste der modernistischen Tradition geschaffen, mit dem Schwerpunkt auf der charakteristischen Verschmelzung von Natur und Körper, sind Mujics Skulpturen immer wieder beeindruckend. Auf den ersten Blick primitiv und doch unglaublich zeitgemäß, stehen sie in der Tradition des Abformens und Schnitzens im Gegensatz zur Praxis des Modellierens oder Gießens. Die Skulpturen tragen Spuren von Erosion und Zersetzung, die ihnen eine unbekannte primitive Schönheit verleihen.
Es handelt sich um eine komplexe Plastik, die die Symbolik des Surrealismus in sich trägt, mit den charakteristischen Bezügen zu den Materialien, die sich im Prozess ihrer Herstellung zeigen und offenkundig werden. Die Rillen und Linien, die das Eindringen der menschlichen Hand betonen, heben die für das Medium charakteristischen Elemente hervor: z.B. die Holzmaserung, die den Schwung der Kurven leitet. Die dynamische Spannung zwischen den Mustern und Adern, die den Stein durchziehen, wird zum Hauptbestandteil und dekorativen Element, das die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich zieht.
Es wird nichts Zusätzliches hinzugefügt, nur die Eigenschaften des Materials, die die inneren Energien offenbaren. Die modernistische “Wahrheit zum Material” verleiht seinen Skulpturen, die mit ihren fließenden Formen an den künstlerischen Stil von Hans Arp erinnern, eine besondere spirituelle Aura. Die symbolischen Formen finden Resonanz und schwingen mit dem psychologischen Element des Menschen mit. In Mijuškovićs Werken werden Größe, Textur und Gewicht in ein einzigartiges Gleichgewicht gebracht. Sie sind prekär eingefroren und scheinen auf der Kippe zu stehen, oft bis an den äußersten Rand gekippt, als würden sie die Extreme der Grenzerfahrung ausloten. Ursprünglich für das Atelier des Künstlers in der Bergregion seiner osteuropäischen Heimat gedacht, bringen Mujics Skulpturen eine spröde, rohe und ungezwungene Dynamik in die konventionellen Innenräume.
EN
Mijo Mijušković. The Radiance of the Raw
Text. Dr. Phil. Lily Fürstenow-Khositashvili
Mankind has been making sculptures for thousands of years already but the magic of it still fascinates us. It is this primordial force, the pre-classical tradition and the opposition to the academic style that signifies the work of sculptor Mijo Mijušković. His semi-abstract creations replicate prehistoric models carved in wood that is often merged with stone. These are mid-size rounded, smooth and glossy objects rendering the eternal motives of mother and child ensamble, fertility figures, biomorphic forms. His sculptures originate from the organic form of the material itself – mostly various kinds of wood found in historic places, like old monasteries or natural reserves in mid-Eauropean Cernogorje. The exhibited figures are molded from lumps of stone smoothed by time and fused with wood in a way that only nature can do, probably centuries-old tree-trunks or roots in uncanny symbiosis that is marked with human history excavated from the places that carry the deep subliminal experiences of the generations that populated them.
The sombre energy that’s inherent in the materials adds particular aura to these three-dimensional objects that need to be contemplated from all sides and angles. The figures are very often punctuated through, laying bare the hollow core that would make the whole piece one again.
The elongated farms are elegantly balanced in an equilibrium with the surrounding worlds. They suggest a unique psychological condition of humanity tipped on edge, standing in an emotional relationship with the viewer. The quaint merge of the centuries-old found stones with fragments of wood almost framing the granite blocks or sprouting out of the eroded rocks is a unique symbiosis that can only be found in the wilderness and brought to the final brilliance by human intervention. Mujic’s artistic practice is characterised by persistence and time-consuming repetitive procedure of wood-polishing with wax till it acquires the needed glow and shine. His interventions are minimal, mostly aimed at highlighting the existing hidden qualities of the wood or stone structure – e.g. its porous quality, cracks, grains and silhouetes. Huge river stones are often molded like gems with their hidden colours and veins polished to the magic radiance.
Created in the very spirit of the modernistic tradition with the emphasis on the characteristic fusion of nature with the body Mujic’s sculptures never miss to impress. Primitive at first site yet incredibly contemporary they are made in the tradition of molding and carving as an opposition to the practice of modeling or casting. The sculptures carry traces of erosion and decomposition that would give them unknown primitive beauty.
This is sculpture as totality carrying the symbolics of surrealism with the characteristic truths to the materials evident in the process of their making that is laid transparent. The carvings and lines accentuating the intrusion of the human hand emphasize the elements characteristic for the medium: e.g. the wood graining that would guide the sweep of the curves. The dynamic tension between the patterns and veins cutting through the stone become the main component and decorative element that attracts the spectators attention.
Nothing extra is added just the qualities of the material revealing the inner energies. The modernistic “truth to the material” lends a special spiritual aura to his sculptures that remind us of the artistic style of Hans Arp with its flowing shapes. The symbolic forms find response and resonate with the psychological human element. In Mijušković’s works size, texture and weight are brought into a unique balance. They’re frozen precariously seeming to beon the verge, often tipped to the edge as if examining the extremities of liminal experience. Originally intended for the artist’s studio situated in the mountainous region back in his homeland in Eastern Europe’s serene landscapes, Mujic’s sculptures add some edgy, raw and spontaneous dynamics to the conventional interier settings.